Honeymoon mit Baby – Warum man das Wochenbett zelebrieren sollte!

Das Foto ist im Wochenbett mit dem Kleinen entstanden und fotografiert von der lieben Lisa von Lisa Füllgrabe Fotografie.

Dieser Artikel wendet sich an Frauen, die gerne stillen wollen oder gerne gestillt haben. Auch an jene, die eine unglückliche Stillbeziehung hatten oder haben. Frauen, die nicht stillen wollen, mögen sich bitte nicht angegriffen fühlen. Es ist euer Körper und eure Entscheidung und das respektiere ich vollkommen!

Und da mich eine frischgebackene Zweitmama so lieb darum gebeten hat, einen Artikel übers Stillen zu schreiben, lest ihr heute, warum ich es wichtig finde das Wochenbett zu zelebrieren!

Keine zweite Chance

Neulich hat mich eine Neumama um Hilfe gebeten: Das Stillen klappte nicht. Ich bin dann zu dem 10 Tage alten Zwerg hingefahren und habe mir die Situation vor Ort angeguckt. Nun muss ich dazu sagen, dass ich keine Stillberaterin bin. Und dennoch ist es etwas sehr Natürliches, dass sich Stillanfängerinnen Hilfe von Stillerfahrenen holen. Denn entgegen vieler Annahmen, ist Stillen nichts das man instinktiv kann. Es ist belegt, dass man es erlernen muss. Manche reden gar von einer „Kunst“.
Als ich dann mit beiden  – also Mutter und Vater – gesprochen habe, kristallisierte sich heraus, dass sie einfach nicht genug Ruhe hatten. Viel Besuch, der lange blieb. Den Druck, die Wohnung ordentlich zu halten und etwas zu Essen für die Gäste bereit zu stellen etc.

Und schwupps habe ich mich wieder an meine ersten Tage mit dem Großen erinnert. Und wieder schmerzte es. Es war ein großer Fehler, sich nicht erstmal auf das Baby und das Stillen zu konzentrieren. Mir waren andere Dinge wichtiger.

Wenn mein Großer mich heute den Kleinen stillen sieht und mich dann fragt, ob ich ihn auch immer so gehalten habe oder wie groß er schon war als ich ihn noch gestillt hatte, kommen mir fast die Tränen. Zumindest kann ich sagen, dass ich ihn gestillt habe, aber am liebsten würde ich sagen: „Mama hat einfach falsche Prioritäten gesetzt, sonst könnte es sein, dass du dich an deine Stillzeit noch erinnern könntest.“
Aber es ist vorbei. Und es war bei ihm schon nach 14 Tagen vorbei. Es gibt keine zweite Chance. Ich kann es nicht mehr rückgängig machen, aber andere vielleicht vor diesem Schmerz bewahren.

Viele sagen mir dann, es sei nicht meine Schuld. Es war eine andere Situation und so weiter. Das stimmt auch! Der Stillstart beim Großen war sau schwer. Wir wurden nach der Geburt getrennt, er lag in einer anderen Klinik, hatte eine Infektion, war sehr schwach und wurde sofort zugefüttert. Aber zu Hause hat es dann gar nicht so schlecht geklappt. Und dennoch wollte ich lieber vor die Tür, die letzten Sonnenstrahlen des Sommers genießen und ein bisschen zurück ins Leben.
Ich kann diese Gefühle verstehen, denn als Neumama ändert sich das Leben so drastisch, dass man sich noch irgendwie an das alte Leben und die Unabhängigkeit klammert – die einen mehr, die anderen weniger.
Aber dieses Streben nach dem alten Leben hat mir meine Stillbeziehung zum Großen versaut und ich bereue es nun sehr.

Denn 4 Jahre später wird man sich nicht mehr dran erinnern, ob die Wohnung sauber war, oder wen man alles wie lange bewirtet hat. Was wirklich schmerzlich zurück bleibt, ist die Erinnerung, dass das Stillen nicht geklappt hat. Das sind Wunden, die heilen nur ganz langsam, oder reißen immer mal wieder auf – zum Beispiel wenn man merkt wie einfach und schön das Stillen sein kann, wenn man sich an ein paar Grundregeln hält.
Deshalb möchte ich mir am liebsten ein Transparent umbinden mit der Aufschrift: „Mama! Du hast einen Job dieser Tage und das ist Stillen!“ und damit durch die Straßen ziehen.

Warum gibt es Kulturen, in denen es offenbar keine Stillprobleme gibt? Was machen die anders als wir?

Ob man erfolgreich Stillen kann oder nicht entscheidet sich manchmal schon während der eigenen Stillbeziehung zur Mutter. Und darüber hinaus ist ein ausschlaggebender Faktor, wie sehr das Stillen in der jeweiligen Gesellschaft präsent ist.

Zu meiner Kinderzeit habe ich kaum jemanden in der Öffentlichkeit stillen sehen. Also bestimmt gab es das, aber ich kann mich nicht wirklich dran erinnern.
Damit kleine Mädchen positive Assoziationen zum Stillen entwickeln können, müssen sie schlicht und ergreifend Frauen beim Stillen zu sehen. Und es ist wohl tatsächlich so, dass wenn dieses „Stillleben“ positiv auf das Mädchen wirkt, es selbst positive Gefühle zum Stillen erfährt. Salopp gesagt: Wenn ihr wollt, dass eure Töchter stillen können, dann setzt euch zum Stillen raus in die Öffentlichkeit, wo euch möglichst viele kleine und große Mädchen sehen können, und stillt was das Zeug hält. Einzige Bedingung: Seht dabei glücklich aus!
Mädchen scheint das Stillen auch instinktiv zu faszinieren. Wenn ich meinen Kleinen irgendwo stille, dann schleichen ganz schnell viele kleine Mädchen um mich herum und schauen mir zu. Ich finde das großartig!

In anderen Kulturen begegnet man stillenden Frauen täglich. Bei Naturvölkern sieht man ganz oft Mütter mit mindestens einem Baby oder Kleinkind an der Brust.

Aber was ist noch anders in diesen Teilen der Erde verglichen mit unserer westlichen Welt?

Meiner Meinung nach spielt der Leistungsdruck in unserer Gesellschaft eine sehr große Rolle. Wir sind teilweise schon seit frühster Kindheit darauf getrimmt, Leistungen zu bringen. Vor allem bei meiner Frauengeneration ist das ein großes Thema. Wir sind die erste Frauengeneration, der man gesagt hat, dass wir alles sein können! Das wir genauso gut sind – wenn nicht besser – als Männer. Dass wir beruflich genauso erfolgreich sein können etc. (Und weil wir es können, sollen wir es auch wollen.)
Bitte versteht mich nicht falsch! Das stimmt zu 100%. Frauen sind großartig, schlau, ehrgeizig, diszipliniert und können erfolgreich sein. Aber in einer Gesellschaft, in der nur noch der berufliche Erfolg zu zählen scheint, oder das Geld, das man verdient, fällt es Frauen schwer, sich eine Auszeit zu nehmen, um sich auf ihren Job als Mama zu konzentrieren. Ist der aber nicht mindestens genauso wichtig? Immerhin geht es um den Nachwuchs des Landes/der Wirtschaft etc.
Alles wird dafür getan, dass die Frau möglichst schnell zurück in den Beruf kann. Und in einer Gesellschaft, in der es darum geht, einer Frau möglichst schnell ihr Kind „wegzunehmen“, damit sie wieder arbeiten gehen kann, gibt es dann auch Stillprobleme.
Denn dieser Leistungsdruck, lässt sich nicht mal eben kurz im Wochenbett ausschalten. Wenn man so sehr darauf gepolt ist zu „funktionieren“, ist das auch im Wochenbett so. Auch wenn die meisten dort nicht ans Arbeiten denken, ist der Druck dennoch da. Der Druck alles unter einen Hut zu bekommen: Essen machen, putzen, aufräumen, Gäste bewirten, Baby versorgen, Baby ernähren, am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, Ehefrau sein usw. Eben der Druck perfekt zu sein.

Was in anderen Kulturen – und bei uns war das tatsächlich auch mal so – ganz selbstverständlich ist, gelingt hier nur mit Bewusstmachen, vielleicht auch ein bisschen Mühe und gegen Widerstand. Man muss sich also als Frau im 21. Jahrhundert zwingen, Ruhe zu halten. Und man muss lernen auszuhalten, dass es schmutzig ist und unaufgeräumt. Man muss manchen Menschen vielleicht auch mal vor den Kopf stoßen, in dem man einen Besuch ablehnt, oder die Gäste nach 30 Minuten auffordert zu gehen.

Ich habe mir in der zweiten Schwangerschaft geschworen, dass ich im Wochenbett neben dem Baby der größte Egoist sein werden. Und ich habe es durchgezogen. Letztlich musste ich nicht zu streng sein, denn das Stillen hat beim zweiten Mal auf Anhieb und ohne Probleme geklappt. Aber vielleicht auch gerade deshalb! Weil ich mir in Vorbereitung auf das Wochenbett den Druck selbst genommen habe. Ich habe sehr viele Bücher zum Thema Stillen gelesen und in vielen Hebammenblogs zum Thema „Wochenbett zelebrieren“ gelesen. Diese Tipps haben sich bei mir bewährt:

So zelebriert man das Wochenbett!

  1. Macht euch drauf gefasst, dass das Baby nötigenfalls rund um die Uhr gestillt werden möchte. Das ist normal und wird besser! Versprochen!
  2. Legt euch ins Bett und lasst euch bedienen!
  3. Wenn euch der Haushalt nicht egal ist, holt euch Hilfe! In erster Instanz ist das vielleicht euer Partner, aber auch andere Verwandte/Vertraute sind denkbar.
  4. Lasst Besuch erst dann zu, wenn ihr wirklich bereit dazu seid. Hier möchte ich aber eine Ausnahme einfügen: Die Großeltern – lasst sie zu dem Baby! Sie werden es verstehen, wenn ihr sie nach kurzer Zeit wieder bittet zu gehen, aber denkt daran, dass es das Baby nicht gäbe wären sie nicht….
  5. Wenn Besuch da ist, geht zum Stillen ins Bett, auch wenn das bedeutet, dass ihr den Besuch dann zwei Stunden nicht mehr seht (oder auch gar nicht) – besser noch: Verabschiedet den Besuch beim Gang ins Schlafzimmer und teilt mit, dass das sehr lange dauern wird.
  6. Wenn sich Besuch ankündigt, dann ist er für das Essen verantwortlich. Zutritt haben also nur Menschen mit Essen in der Hand (übrigens wertvoller als die hundertste Rassel fürs Baby).
  7. Man darf den Besuch auch bitten, die Küche nach dem Essen sauber zu machen,
    was wiederum bedeutet, dass man zu Beginn nur Menschen zu sich lässt, denen man vertraut ist und denen man auch den schmutzigen Haushalt überlassen würde.
  8. Hört auf euch und euer Baby, lasst den Instinkten freien Lauf und lasst euch nicht reinreden! Ihr seid die Experten für eure Babys und die Herrscher über euer Wochenbett. Königinnen also! Und als solche solltet ihr euch sehen und behandeln lassen.

Ich bin sicher, die Liste lässt sich noch bis ins Unendliche vervollständigen, aber wenn ihr diese wenigen Tipps beherzigt, werdet ihr einer glücklichen Stillbeziehung ein ganz großes Stück näher kommen.

Eine Investition die sich lohnt!

Und ja es gibt sie, die Schattenseiten des Stillens. Das möchte ich nicht unter den Tisch fallen lassen. Es kostet viel Energie, manchmal Schmerzen und viele Tränen. Es kostet mich immer noch eine ganze Menge Schlaf. Aber Gott sei Dank ist unser Gehirn auf Glück gepolt und die Erinnerungen, die man in 20 Jahren noch hat, lassen einen wohlig und stolz auf eine glückliche Stillzeit zurückblicken, die im Nachhinein nur eines war: Viel zu kurz!

Habt einen großartigen Tag und trefft gute Entscheidungen!

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4 Comments

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  1. Ja, jaa und nochmals JAAAAA! Du hast mit alldem so recht! Ich möchte aber einen Punkt nochmal hervorheben: holt euch ggf. Hilfe! Kaum eine Frau ist mit dem Schicksal „kann nicht stillen“ zur Welt gekommen. Vielen Problemen kann man begegnen und braucht dafür keine Flasche oder abgekochtes Wasser! Es gibt Stillberaterinnen, die zum Teil auch telefonisch oder online weiterhelfen können.

    • Damit hast du auf jeden Fall Recht! Man sollte sich bei Probleme auf jeden Fall Hilfe holen! Das hätte ich vielleicht nochmal betonen sollen. Danke für deinen Hinweis.

      Liebe Grüße

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