Geburt // Roses Revolution Day – Gegen Gewalt unter der Geburt

„Gewalt unter der Geburt“….
Wumm das muss man wohl erstmal sacken lassen. Was wird das für ein Artikel. Wo gibt es sowas. Reden wir hier über Dritte-Welt-Länder oder Staaten, in denen Frauen keine Rechte haben?

Gewalt unter der Geburt, wo gibt es denn sowas?

Ich rede hier tatsächlich nicht von fernen Ländern, in denen Menschenrechte alltäglich mit Füßen getreten werden. Ich rede hier von unserem Land – Deutschland!
Denn tatsächlich gehen die Aktivisten der Roses Revolution Bewegung Deutschland davon aus, dass 40-50% der Gebärenden eine Form von Gewalt unter der Geburt erfahren. Also fast jede zweite Frau. Bin ich es also diesmal nicht, ist die Wahrscheinlichkeit große, dass du es bist!

Natürlich muss man hier differenzieren. Was ist Gewalt, wie empfindet ein jeder sie.
Beispielsweise – und das hat für mich in Vorbereitung auf meine bevorstehende Geburt einen wahren „Aha-Moment“ ausgelöst- gelten unnötige medizinische Intervention um den Geburtsprozess zu beschleunigen, als Gewalt.

Und nun muss ich leider auch eingestehen, dass ich von Gewalt unter der Geburt betroffen war, auch wenn ich sie nicht als solche in diesem Moment empfunden habe. Sie hat mich dennoch eines natürlichen Geburtsverlaufes beraubt und das darf nicht sein. Nicht hier, nicht heute, nicht in unserem ach so fortschrittlichen Land. Ich habe sie als notwendig und unvermeidbar empfunden, weil ich es einfach nicht besser wusste. Weil ich den Gebburtshelfern vertraut habe und ihre Entscheidungen nicht in Frage gestellt habe.

Auch verbale Gewalt zählt dazu: Einer Frau nach 26 Stunden Wehen und dem geäußerten Wunsch nach einem Kaiserschnitt zu sagen, dass sie sich das wohl hätte früher überlegen können, dass nun schon die NAchtschicht angebrochen sei, ist auch eine Form der Gewalt. Als ob man sich nach solch einer Entscheidung unter heftigsten künstlichen Wehen ohne Pause nicht ohnehin schon beschissen genug fühlt…

Gewalt kann beispielsweise auch eine mangelnde Aufklärung bzgl. vermeintlich nötiger Interventionen sein.

Als Beispiel möchte ich hier die PDA anführen. Man wird über alle möglichen Folgen und Spätfolgen aufgeklärt. Das betrifft aber hauptsächlich die Gesundheit der Mutter. Niemand sagt einem in diesem Gespräch, dass die Wahrscheinlichkeit einer medizinischen Intervention inkl. vaginaler Schnittentbindungen, Wehentropf etc. um ein Vielfaches ansteigt.
Ein anderes Beispiel ist die sogenannte Kristeller-Hilfe (das Drücken auf den oberen Rand der Gebärmutter von außen durch einen Geburtshelfer während der Geburtswehen). Dieses Manöver ist in einzelnen europäischen Kliniken sogar schon verboten. Hier in Deutschland findet sie noch häufig Anwendung, teilweise wird sie nicht fachgerecht ausgeführt, was zu hohen Risiken für Mutter und Kind führen kann.
Auch ich wurde bei meiner ersten Geburt „kristellert“. Wie ich nun weiß, nicht fachgerecht. Aufgeklärt über Risiken wurde ich nicht. Mir wurde gesagt, dass der Arzt jetzt mal ein „bisschen mithilft“. Das war vor allem für meinen Mann, der daneben saß, fast traumatisch. Ich wurde dabei zweimal ohnmächtig.

„Ein bisschen mithelfen…..“ – Das war meine Aufklärung zu diesem Thema. Ich hatte keine Möglichkeit mich dagegen zu wehren.

Warum diese Zeilen?

Ich möchte allen Frauen mit auf den Weg geben, dass sie eine Wahl haben, dass sie sich nicht alles gefallen lassen müssen. Dass sie sich aufklären lassen können und mitentscheiden dürfen. Dass sie drauf bestehen, ein Mitspracherecht zu haben und dieses einfordern sollen. Dass sie fragen dürfen, warum eine Intervention nun notwendig ist. Sich darüber beraten lassen können, ob sie wirklich notwendig ist und dann die Entscheidung dagegen treffen können.

Wissen ist Macht!

Hier erfahrt ihr alles rund um das Thema, das mir so sehr am Herzen liegt:

#rosrev

Wenn auch du Gewalt unter der Geburt erfahren hast, findest du ebenfalls Hilfe auf der Webseite.

Heute ist der 25. November, heute ist der Roses Revolution Day – eine weltweite Aktion gegen Respektlosigkeit und Gewalt unter der Geburt.

Weil jede Frau eine Rose ist.

unterschrift

10 Comments

·

Leave a Reply

  1. <3 Mein Kind ist heute ein Teenager, und erst so lange Zeit im Nachhinein traue ich mir sagen: Ja. Erlebt. Leider. Geblieben ist bis heute eine regelrechte Panik vor Ärzten und Krankenhäusern. lg s.

    • Liebe S.,

      es tut mir so leid, dass du es auch erleben musstest. Dass die Narben bleiben, sieht man an dir. Die Zeit heilt doch nicht alle Wunden. Fühl dich umarmt.
      Stephi

      • Hallo Blair,
        nein, der Spruch: „Die Zeit heilt alle Wunden,“ wurde vermutlich von einer sehr naiven Person, die keine Querschnittslähmung je gekannt hat und nie ein Psychotrauma erlebt hat, gemacht. Manchmal erreichen die dümmsten Sprüche fett viel Bekanntheit – oder liegt es eher dran, dass Menschen sich das wünschen würde, dass Zeit allein heilt? Denn die vergeht von allein und man muss aktiv nichts tun?
        Was meinst Du mit „… sieht man an dir“?
        Danke für die Umarmung. Kann ich nur schwer ertragen, aber ich verstehe die Geste. <3
        LG s.

        • Ich meine damit, dass dein Kind schon ein Teenager ist und du diese Gefühle zur Geburt immer noch präsent hast. Das meinte ich mit „Man sieht es an dir“. Mehr als ein Jahrzehnt ist eine lange Zeit, wo manch einer sagen würde, es sei ausreichend, um so ein Trauma zu bewältigen. Aber das ist es eben nicht (immer). Ich wollte dich mit meinen Worten nicht verletzen. Ich kenne dich und deine Umstände ja gar nicht um vielleicht passend reagieren zu können.

        • Hallo Blair, Du hast mich nicht verletzt, alles gut. Danke für die Erklärung. 🙂 Traumafachleute haben damals befunden, dass die Geschehnisse mehr als ausreichen, um eine „PTBS-Symptomatik im Vollbild“ zu rechtfertigen. Diese Geburt wäre auch für die meisten anderen Menschen traumatisierend gewesen. Inzwischen weiß ich aber, dass ich davon schon eine Traumafolgestörung (der schwersten Ausprägung im Spektrum) gehabt hatte (damals nicht bekannt). https://distanzblog.wordpress.com/ueber/ Von daher – es ist ein bisschen komplexer, als „nur“ zu sagen, die Geburt war schwierig, daher ist es über 10 Jahre danach immer noch belastend.
          Alles Liebe,
          s.

        • PS: Psychotrauma heilt niemals durch Zeitablauf, wenn etwas bloß per Zeit heilt, dann war es ein dumm gelaufener Tag, aber ganz sicher kein Psychotrauma. 🙂 Wir gehen halt mit dem Begriff Trauma umgangssprachlich sehr schlampig um. 🙂

  2. Darf ich noch was fragen? Gibt es heute VOR einer Geburt irgendeine Möglichkeit festzulegen, dass man bestimmte Maßnahmen nicht will UND die passieren dann auch nicht? Etwa: Ich will nciht, dass mehrere Personen auf meinem Bauch „rumspringen“, ich will kein Vakuum-Dings etc.? Oder hat man immer noch allem zugestimmt, sowie man über die Krankenhausschwelle tritt?

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.