
Das Bild zeigt uns nach der Kaiserschnitt-Geburt unseres zweiten Kindes
Triggerwarnung: In diesem Artikel geht es um Geburten, die anders verlaufen sind als geplant und zum Beispiel in einen ungeplanten Kaiserschnitt gemündet sind. Sollte dich das Thema aufwühlen, solltest du den Artikel vielleicht nicht lesen.
Wie wichtig mein Mann bei der Geburt meiner Tochter war, habe ich an anderer Stelle schon einmal erwähnt. Noch immer bin ich absolut erstaunt darüber, wie gut er diese Geburt gemanagt hat.
Heute möchte ich ihn einmal zu Wort kommen lassen.
Also habe ich in interviewt und ich muss sagen, dass es auch für mich sehr sehr interessant war, was er geantwortet hat. Denn obwohl ich selbstverständlich anwesend war, habe ich zum Teil ganz andere Dinge und vor allem auch ihn und seine Gefühle anders wahrgenommen.
Ich bin froh und dankbar, dass wir noch einmal über alle drei Geburten sprechen konnten und freue mich, euch hier diese Zeilen schreiben zu können.
Geburt Nummer 1 – September 2012
Wie hast du die Entscheidung getroffen bei der Geburt dabei zu sein?
Es war für mich selbstverständlich. Nicht nur um dabei zu sein, vor allem um dich zu unterstützen. Das war ein großer Faktor und Antreiber um dabei sein zu wollen.
Hast du dich auf die Geburt vorbereitet?
Ich war bei einem Geburtsvorbereitungskurs dabei und habe dir ein offenes Ohr geschenkt. Wir haben viel darüber geredet. Ich dachte ich hätte keinen Einfluss auf die Geburt. Außer für dich da zu sein. Den Rest macht das Krankhauspersonal schon irgendwie, so dachte ich.
Welche Gefühle hattest du während der Geburt?
Am Anfang war ich sehr gelassen und hatte ein großes Vertrauen in dich und deinen Weg. Ein bisschen Langeweile war dabei. Das war noch sehr gelassen und entspannt.
(Hinweis: Nach einem vorzeitigem Blasensprung hatte ich keine Wehen und wurde zunächst zum Spazieren in den Park geschickt. Es war heiß, mein Mann saß auf der Parkbank und schaute mir beim Laufen zu. Ab und zu ist er ein Stück mitgegangen.)
Dann stieg die Anspannung an, als die Wehen sehr stark und regelmäßig wurden.
Als wir dann im Kreißsaal waren, war ich schon merklich angespannt. In der Geburtsphase war ich dann sehr ängstlich. Ohne an das schöne Ergebnis denken zu können, einfach in diesem Moment. Die Zeit kam mir ewig vor. Außerdem fühlte ich mich manchmal fehl am Platze, weil ich nichts machen konnte. (Mal abgesehen von Wasser reichen und Waschlappen an die Stirn halten)
Dennoch ist man ist sehr aufgeputscht.
Als dann die PDA gelegt wurde, war das ein kurzer Moment zum Durchatmen.
Als dann aber die Interventionen zunahmen z.B. als der Arzt auf deinen Bauch geklettert ist,da hatte ich einfach Angst um dich. (Hinweis: Beim sogenannten Kristellermanöver drückt der Geburtshelfer auf den Oberbauch)
Ich kam mir hilflos vor. Ich hatte das Gefühl, nichts beitragen zu können.
Zudem hatte ich Angst dass es zum Kaiserschnitt kommt, und somit die deine Erwartungen an die Geburt nicht erfüllt werden.
War es so wie du erwartet hast, wenn nein, was war anders?
Ich hatte keine Erwartungshaltung. Ich habe es auf mich zu kommen lassen.
Geburt Nummer 2 – Mai 2015
Wie hast du dich auf die folgende Geburt vorbereitet?
Gar nicht. Außer dass wir uns aufgrund der instabilen Kindslage intensiver mit der Wahl der Klinik auseinander gesetzt haben. (Hinweis: Kind Nummer zwei hat sich noch am Tag der Geburt immer wieder von Schädellage zu Beckenendlange gedreht, aus diesem Grund wählten wir eine Klinik, die auch auf spontane Beckendlagen spezialisiert ist)
Wie hast du sie erlebt?
Als es los ging kam mir sofort der Gedanke an deine medizinische Vorgeschichte und dass andere Ärzte gesagt haben, du solltest nicht spontan gebären. (Hinweis: Aufgrund meiner Endometriose mit Darmbefall, wurde mir durch meinen Operateur zu einem geplanten Kaiserschnitt geraten.)
Deshalb habe ich insgeheim von vornherein gezweifelt, dass es klappt.
Bei der Ankunft habe ich eine Nacht ganz ruhig geschlafen und war nicht mehr aufgeregt. Ich wusste dass unsere Geburtsbegleitung dabei war und du nicht alleine warst.
Bis zur PDA. Als diese gelegt wurde, hatte ich ein ungutes Gefühl. Es dauerte so lange und als ich nach dir schauen wollte, wurde ich wieder rausgeschickt. Das hat dann mein schlechtes Gefühl noch verstärkt.
Als dann der Wehensturm durch den Tropf losging, wurde es schnell dramatisch weil ich festgestellt habe, dass nichts so läuft wie geplant. Ich wusste deine Erwartungen werden wieder nicht erfüllt. Ich hab dich leiden sehen und konnte dir wieder nicht helfen.
Als die Entscheidung für den Kaiserschnitt getroffen wurde, war ja zunächst nichtmal klar, ob ich dabei sein kann oder nicht. (Hinweis: Da die PDA nicht richtig lag, wusste man nicht ob es ausreichte diese höher zu dosieren, oder ob man mich in Vollnarkose legen müsste. Wäre das der Fall gewesen, hätte mein Mann nicht dabei sein können)
Als dann klar war, dass ich mit in den OP darf, habe ich beim Umziehen erstmal geweint. Die Anspannung war so groß und fiel ab, aber gleichzeitig empfand ich Resignation und Mitleid für dich und deinen Abschied von deiner Wunschgeburt.
Während der OP war ich wieder entspannter. „Es läuft jetzt so wie es läuft“, dachte ich.
Aber du hast mir so leid getan. Als dann heraus kam, dass die Plazenta viel zu klein war, hatte ich Frieden mit der Entscheidung gemacht, da es hätte sein können, dass unser Sohn nicht ausreichend versorgt worden wäre.
Wie hat sich deine Wahrnehmung/Gefühle etc. im Vergleich zu ersten Geburt verändert?
Es war ganz ähnlich, das Grundverständnis meiner Rolle war ähnlich.
Ich bin mit der gleichen Haltung hinein, aber mir hat das Wissen meines Einflusses gefehlt.
Geburt Nummer 3 – Dezember 2017
Wie hast du dich auf die dritte Geburt vorbereitet?
Mit dem Hypnobirthing Kurs wirst du als Vater ganz anders miteinbezogen. Du bist Teil der Geburt mit entsprechenden Einflussmöglichkeiten.
Wir haben die Hypnotbirthing Übungen gemacht und waren im engen Austausch miteinander. Auch weil das Thema Geburt sehr präsent im Alltag war.
Es geht darum, es anzunehmen, welche Rolle man spielen kann und darf.
Ich habe mir beispielsweise schon vorher überlegt, was ich mit in die Geburt nehme, dass ich auch nichts vergesse. Es erfordert schon viel gedankliche Vorbereitung. Vor allem wenn es darum geht, vielleicht eine kritische Frage zu medizinischen Interventionen stellen zu wollen.
„Ist es medizinisch notwendig?“ Das war das Leitsatz, den ich mir eingeprägt habe.
Wie hast du sie erlebt?
Ich habe zu Beginn der Geburt zum Beispiel die Entscheidung getroffen los zu fahren, obwohl du nicht wolltest. Weil ich merkte dass du nicht zur Ruhe kommst. Ich konnte das durch unsere Schulung und Übung ganz anders wahrnehmen und begreifen. Sofort einen Zusammenhang herstellen und eine Entscheidung treffen.
Da habe ich schon zum ersten Mal die Verantwortung mit übernommen, was rückblickend eine gute Entscheidung war.
(Anmerkung: Es hat mir gezeigt, dass ich mich auf ihn und Urteilsvermögen verlassen kann, was mir Sicherheit gegeben hat)
Ich habe mich sehr darauf gefreut, auch dass wir eine Tochter bekommen werden. Und die anderen Geburten versöhnlich hinter uns lassen können. Eine neue Chance auf eine schöne Geburt. Und ich war diesmal sicher, dass es läuft. Ich hatte keinen Zweifel.
Als die Hebamme reinkam und ich sagen konnte „Wir melden uns.“ Dass sie das respektiert hat, fand ich toll und gab mir ein sehr positives Gefühl.
Ich hab mich während der Geburt sicher gefühlt, ich hatte eine wichtige Aufgabe und konnte Einfluss nehmen. Aber ich hatte auch entsprechend passende „Werkzeuge“, um dich optimal unterstützen zu können.
Auch in einem Moment, als du Angst hattest, konnte ich mit den Tools dafür sorgen, dass du an dich und deine Gebärfähigkeit glaubst.
Was waren deine Werkzeuge?
Das Gefühl von Sicherheit, das uns nie abhanden gekommen ist, die Affirmationen unter den Wehen, die ich wiederholt habe…
… und natürlich meine Rolle als Wasserbringer und Diener.
Ich hätte vielleicht bei der Geburtsphase noch mehr machen können, da habe ich mich rückblickend zu früh rausgezogen. Du hättest dir noch mehr Zeit lassen können, dann hättest du dir vielleicht keine Geburtsverletzungen zugezogen. Aber das ist der einzige Wermutstropfen.
Welchen Einfluss hatte deiner Meinung nach deine Vorbereitung auf den Geburtsverlauf?
Vorher hätte ich gesagt, dass ich keinen Einfluss haben kann, weil du das bestimmst schon irgendwie schaffst.
Ich bin nun überzeugt, dass es einen großen Einfluss hatte, weil ich dir Sicherheit und Ruhe geben konnte.
Du wusstest von vorn herein, dass ich besser vorbereitet bin und dass du mir auch ein bisschen Verantwortung abgegeben kannst.
Was würdest du werdenden Vätern raten, die vor der Geburt ihrer Kinder stehen?
Nehmt die Rolle an in dem Gedanken, dass ihr nicht nur dabei seid, sondern dass ihr eine Rolle spielen könnt, die sich positiv auf die Geburt und die Gesundheit (auch seelische) eurer Frau auswirkt.
Und was möchtest du den werdenden Müttern sagen in Bezug auf den Umgang mit den Vätern?
Bestärkt sie in dem Glauben eine Einfluss zu haben. Traut euch die Verantwortung mit dem Partner zu teilen.
Vielen lieben Dank
Ich freue mich, wenn ihr den Artikel mit euren Männern teilt. Ich finde, dass sie wissen dürfen, welchen positiven Einfluss sie haben können. Und ich bin mir sicher, dass auch sie die Geburt ganz anders erleben werden, wenn sie nicht das Gefühl haben ausschließlich Wasserträger und Diener gewesen zu sein.
Ich wünsche euch eine wundervollen Tag mit großartigen Entscheidungen
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