Geburt // Wahl der Geburtsklinik – Die richtigen Fragen für eine selbstbestimmte Geburt

Das Titelbild stammt von Lisa Füllgrabe Fotografie

Als ich meine erste Kreißsaalbesichtigung vor fünfeinhalb Jahren mitmachte, ließ ich mich noch von tollen Vorhängen, schicken Wannen und Neubauten beeindrucken.
Heute stelle ich mit andere Fragen, sind andere Dinge für mich wichtig. Das hat mir nun meine Erfahrung gezeigt.

Grundsätzlich sollte man das Recht in Anspruch nehmen, den Geburtsort selbst zu wählen. Für manche ist das das eigene Zuhause oder ein Geburtshaus. Gefühlt steigt die Nachfrage nach außerklinischen Geburten, wenngleich deren Umsetzung aufgrund der prekären Hebammensituation immer schwieriger wird.

Viele entscheiden sich aus den unterschiedlichsten Gründen für eine Klinikgeburt. Alles ist richtig und vollkommen nachvollziehbar.
Für mich kommt aus medizinischen Gründen leider nur noch eine Klinikgeburt in Frage, aber das muss nicht gleichbedeutend sein mit der Aufgabe einer selbstbestimmten Geburt. Man sollte sich im Vorfeld vielleicht ein paar Gedanken zu seinen Geburtswünschen machen und das offene Gespräch suchen. Ich habe von vielen, tollen Klinikgeburten gehört.

Meine Fragen an die Geburtsklinik

Heute gewähre ich euch einen Einblick in meine „Geburts-Wunschliste“. Welche Gedanken habe ich mir gemacht? Was ist mir wichtig und welche Fragen habe ich bei der Anmeldung zur Geburt der Hebamme gestellt?
Wir haben uns recht spontan fünf Wochen vor dem Termin noch für eine andere Klinik entschieden. Ursprünglich wollte ich wieder in die Klinik, in dem ich den Großen geboren habe. Mein Bauchgefühl ließ das aber nicht zu, also machte ich mir Gedanken zu einer Alternative. Spontan besuchten wir den Infoabend für werdende Eltern in einer anderen Klinik (beide liegen etwa 40 Minuten Fahrzeit weit weg).
Hier zunächst die Fragen, die für mich am wichtigsten waren. Diese habe ich bereits an besagtem Infoabend gestellt, um für mich zu eruieren, ob die Klinik in Frage kommt:

  • Ab wann wird in dieser Klinik eine Einleitung empfohlen, sollte es zu einer Terminüberschreitung kommen?
  • Wie wird dann grundsätzlich eingeleitet, werden natürliche Alternativen bevorzugt?
  • Wird die Mobilität der Frau unter der Geburt unterstützt und eine aufrechte Geburtsposition befürwortet (auch mit PDA)?
  • Wird ein Dauer-CTG ohne medizinische Indikation angewendet? Gibt es unter Umständen auch mobile Geräte?
  • Gibt es die Möglichkeit zur Entspannung in die Wanne zu gehen bzw. wird eine Wannengeburt angeboten?
  • Wie steht die Klinik zur Spontangeburt bei Zustand nach Kaiserschnitt?
  • Wie hoch ist die Dammschnittrate?
  • Wie hoch ist die Kaiserschnittrate?
  • Lässt man die Nabelschnur auspulsieren und wenn ja, auch bei Rhesus negativen Frauen?
  • Gibt es ein direktes Bonding mit der Mutter nach der Geburt und das auch nach Kaiserschnitt?
  • Wie lange wird mit der U1 gewartet bzw. wird das Kind nach der Geburt sofort gewaschen, angezogen, vermessen etc.?
  • Wie wird das Stillen unterstützt, welche Ausbildung haben die Schwestern diesbezüglich auf der Station?

Bei diesem Infoabend waren etwa 30 Paare. Ich war die einzige, die überhaupt Fragen gestellt hat. Ich war auch die einzige Mehrfachgebärende. Darin sehe ich auch den Grund. Man weiß als Erstgebärende noch zu wenig, was letztlich wichtig ist bei der Geburt. Irgendwie zählt nur die Ausstattung der Räumlichkeiten und wie schick es ist. Wie gesagt, das war bei mir auch so. Deshalb schreibe ich diese Zeilen auf. Vielleicht liest es eine Erstmami und stellt bei ihrer Besichtigung dann auch ein paar Fragen. Oder setzt sich zumindest intensiver damit auseinander. Ein wichtiger Schritt für eine selbstbestimmte Geburt.

Persönliche Fragen und „Wunschliste“ bei Geburtsanmeldung

Bei der Geburtsanmeldung habe ich schließlich persönlichere Fragen gestellt:

  • Gibt es Erfahrungen mit Frauen, die unter der Geburt „HypnoBirthing“ angewendet haben?
  • Wie offen sind die Hebammen diesbezüglich? Ist es möglich die Geburt alleine zu leiten/bestimmen, sofern alles gut läuft?
  • Gibt es Besonderheiten, die beim Zustand nach Sectio angewendet werden (Prävention, Schutz)? Wie vorsichtig ist man z.B. mit einem Wehentropf?

Letztlich sind wir dann noch meine Wünsche durchgegangen. Diese „Liste“ werde ich auch nochmal mit zur Geburt nehmen. Auch mein Mann ist eingeweiht und wird sich um deren Umsetzung bemühen, sodass ich mich voll und ganz auf das Gebären konzentrieren kann.

Geburtswünsche

Mein Partner soll in der Regel die Kommunikation zwischen mir/uns und dem Klinikpersonal übernehmen. Vorausgesetzt alles läuft komplikationslos. Bei medizinischer Notwendigkeit bezogen auf meine Gesundheit oder die meines Kindes, werden wir aus voller Überzeugung kooperieren, wollen aber über alle Interventionen aufgeklärt werden. Im Gegenzug erwarten wir, dass auf unsere Wünsche eingegangen wird, so lange keine medizinische Intervention nötig ist.

Grundsätzlich möchte ich keine medizinische Intervention, wenn nicht unbedingt erforderlich und ohne unsere ausdrückliche Zustimmung, dazu zählt insbesondere:

  • venöser Zugang
  • Einleitungsmedikamente (auch im Bezug auf Zustand nach Sectio), gilt auch für vorzeitigen Blasensprung solange keine Indikation vorliegt
  • Wehentropf
  • Schmerzmittel
  • CTG
  • vaginale Untersuchungen
  • Manipulationen am Muttermund
  • Kristeller Manöver
  • PDA

In der Eröffnungsphase:

  • Überwachung so wenig wie möglich
  • keine vaginale Untersuchung sofern nicht notwenig, Untersuchungen auf ein Minimum reduzieren
  • keine Information über die Öffnung des Muttermundes sofern ich nicht danach frage
  • keine Störung, wenn nicht unbedingt notwendig
  • Raum und Zeit zum Entspannen
  • Atmosphäre: Aromatherapie, Entspannungsmusik
  • Möglichkeit zum Bewegen zu jeder Zeit
  • Entspannungsbad
  • Alternative Methoden zur Anregung der Wehentätigkeit: Massageöle, Aromatherapie, ggfls Akupunktur oder Homöopathie
  • Kein Zeitdruck oder künstliche Maßnahmen, die die Geburt unnötigerweise „beschleunigen“

In der Geburtsphase:

  • Unterstützung einer aufrechten Geburtsposition
  • Ermöglichen einer Wassergeburt, wenn gewünscht (kann ich im Vorfeld nicht abschätzen)
  • Kein „Anfeuern“ durch die Hebamme, alleine mein Partner soll mit mir interagieren
  • Keine Anleitung zum Pressen, ich fühle und entscheide alleine und erlaube mir auch unter der Geburtswehe zu atmen
  • Dammschutz beispielsweise durch Ölkompressen und durch die Erfahrungen der Geburtshelfer
  • keine Kristeller Hilfe
  • Kein Dammschnitt

Nach der Geburt:

  • Auspulsieren lassen der Nabelschnur
  • Ich möchte wenn möglich selbst abnabeln
  • Sofortiges Bonding gemäß des Babyfreundlich Konzept (unsere Wunschklinik ist nach UNICEF als „Babyfreundlich“ zertifiziert)
  • Sanfte Methoden zur Geburtsunterstützung der Plazenta
  • Ambulante Geburt, sofern gesundheitlich alle wohlauf sind.

Ich hoffe ich konnte euch ein paar Anregungen und Denkanstöße geben.
Schreibt mir gerne, wenn ihr zu den einzelnen Punkten Fragen habt, oder die Hintergründe erfahren wollt. Es liegt mir sehr am Herzen diese zu Teilen und so werdende Mamas zu einer natürlicheren und selbstbestimmteren Geburt zu verhelfen.

Habt einen schönen Tag und trefft großartige Entscheidungen!

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2 Comments

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  1. Ich hatte eine ähnliche Wunschliste beim Ersten. Aber nicht den Mut sie währenddessen durch zu setzen. Dass sie bei der Anmeldung ganz vorne in meine Akte geschrieben wurde, interessierte die wenigsten. Dennoch war die Geburt ein gutes Erlebnis für mich.
    Fürs zweite Baby bin ich ins Geburtshaus gegangen. Und das Erlebnis war atemberaubend.

    Ich bin suche jetzt mal gespannt nach deinem Geburtsbericht. Bin gerade erst auf den Blog gestoßen.

    Alles Gute und Danke für deine Artikel!

    • Schön, dass du ein versöhnendes Erlebnis haben durftest. Danke für deine liebe Nachricht. Herzlich willkommen auf meinem Blog. Herzlichst Stephi

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